Melilla und Nador im Laufe der Zeit: Grenzübergreifende Vernetzung
Im 20. Jh. prägte v.a. das Protektorat die spanisch-marokkanischen Beziehungen. Die spanische Kolonialpolitik und die wirtschaftliche Abhängigkeit Marokkos verstärkte die enge Verwobenheit zwischen Spanien und Marokko und damit zwischen Afrika und Europa, was sich besonders im Grenzland von Melilla und Nador in der Rif-Region zeigt. In dieser Zeit nahm der grenzübergreifende Austausch zu. Die Spanier*innen waren auf die Versorgung mit Lebensmitteln, Brenn- und Baumaterial aus dem Umland angewiesen, während die von der Landwirtschaft lebende Rif-Bevölkerung diesen neuen Markt für die Aufstockung ihrer kargen Einkünfte nutzte. Immer mehr Spanier*innen ließen sich wegen Arbeitsmöglichkeiten in Marokko nieder, während einige Marokkaner*innen nach Melilla und auf die iberische Halbinsel zogen. Nicht nur die Architektur zeigt die beidseitige historische Prägung. Viele Rif-Bewohner sprechen nach wie vor Spanisch.
Nach der marokkanischen Unabhängigkeit 1956 blieb ein reger Handel zwischen dem spanisch-besetzten Melilla und dem marokkanischen Umland bestehen. Bis heute werden außerdem Bildungsangebote und medizinische Dienstleistungen auf beiden Seiten der Grenze genutzt. Im Laufe der Zeit entstanden enge Familienbande über die Grenze hinweg.
Dieser intensive Austausch zwischen den Nachbarprovinzen Nador in Marokko und Melilla in Spanien wurde in einem Anhang an das Schengener Abkommen 1990 bestätigt. Dieser erlaubt es Einwohner*innen beider Städte, sich innerhalb der Grenzgebiete frei zu bewegen, obwohl diese durch die kontinentale Grenze zwischen Marokko und einem Land der EU formal getrennt sind. Heute wird dieses Abkommen jedoch in der Praxis häufig von europäischen Grenzbeamten ignoriert und Marokkaner*innen die Einreise nach Melilla verwehrt. Dies führt für viele zu Problemen im Alltagsleben.