Europas verwehrte Zugänge
Grenzen reproduzieren soziale Ungleichheiten. Vor allem für Menschen aus Ländern des sogenannten Globalen Südens bestehen zunehmend Hürden, um in der Welt zu reisen. Um die Ankunft von Migrant*innen und geflüchteten Personen aus Ländern des Globalen Südens in Europa zu verhindern, hat die EU seit den 1990er Jahren die Kontrolle an den europäischen Außengrenzen verstärkt. Der seit 1998 wachsende Grenzzaun an der europäischen Außengrenze zwischen dem spanischen Melilla und dem marokkanischen Nador macht diese Entwicklung sichtbar. 2004 wurde außerdem die Agentur FRONTEX zur Abwehr von Migration gegründet. Die mobile Einsatzorganisation kommt auf dem Mittelmeer, aber auch etwa an der Grenze zwischen Polen und Belarus zum Einsatz.
Da legale Reisewege oft verwehrt sind, bleiben für viele Menschen nur gefährliche Routen, auf welchen sie ihr Leben riskieren. Internationale Menschenrechtsorganisationen und lokale zivile Akteur*innen fordern daher schon lange mehr legale Einreisewege nach Europa. Seit 2015 gibt es auf der spanischen Grenzseite in Melilla dafür eine Behörde, bei der Asyl beantragt werden kann. Um dorthin zu gelangen, muss zunächst der marokkanische Grenzposten passiert werden. Hier werden jedoch Schwarz-gelesene Menschen systematisch von den Grenzbeamt*innen selektiert, um ihnen den Zugang zur spanischen Seite zu verwehren. Aber auch nicht Schwarz-gelesene Menschen, etwa Syrer*innen, waren häufig gezwungen, sich vorübergehend marokkanische Pässe zu kaufen oder zu mieten, um in Spanien Asyl beantragen zu können.
** „Rassifizierung: Kategorisierung von Menschen, die oft auf eine Hierarchisierung hinausläuft. Rassifizierung geschieht anhand von historisch variablen wahrnehmbaren und nicht wahrnehmbaren körperlichen, soziologischen, symbolischen und geistigen sowie imaginären Merkmalen. Sie entsteht mit dem Wissen um Rassismus und Diskriminierung.“ (Alice Hasters. 2019. „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“)