Grenzen und mobile Gesellschaften

Station OR / Kolonialismus und Grenzen

Die Bevölkerungsgruppe Turkana an der Grenze zwischen Kenia und dem Südsudan gilt als eine der mobilsten Gesellschaften der Welt. Ihr nomadisch mobiler Lebensstil bildete sich heraus als flexible Anpassungsstrategie an eine klimatisch harsche Umwelt. Auf der Suche nach Wasser und Weideland bewegen sich Menschen auch in anderen Teilen der Welt mit ihren Viehherden über nationale Grenzen hinweg. Die Gruppe der Maasai ist eine weitere mobile Gesellschaft in Ostafrika, welche jedoch heute durch die tansanisch-kenianische Grenze getrennt wird. Trotzdem wird die Grenzregion von der Lokalbevölkerung als „Maasailand“ wahrgenommen. Hier besteht nach wie vor reger sozialer und ökonomischer Austausch. Die Weideländer und Viehmärkte werden von der Gruppe flexibel in beiden Staaten genutzt.

Da sich Nomad*innen durch diese ständigen Bewegungen staatlicher Kontrolle entziehen, lassen sich früher wie heute überall auf der Welt staatliche Anstrengungen der „Sesshaftmachung“ beobachten. Dazu gehört die Beschlagnahmung von Tieren, der Überlebensgrundlage dieser Gemeinschaften, oder die erzwungene Ansiedlung in Dörfern. Solche Maßnahmen betreffen jedoch nicht nur Pastoralnomad*innen und mobile Hirt*innen, sondern auch andere mobile Bevölkerungsgruppen oder obdachlose Menschen.

„Wir sind wie Brüder. Nur die Grenze trennt uns. Aber wir sind gleich.“
Koinet O.,
Bewohner eines Maasai Dorfes an der Grenze zwischen Kenia und Tansania, 2018